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Dinge neu denken – oder „Auf dem Weg zu einer Generationenpolitik“ (Teil II)

SAGW- Tagung zur Generationenpolitik 18.November 2010 in Bern (dreiteilig)

Gastbeitrag von Irene Kobler und Barbara Schiffmann, Master-StudentInnen Universität Luzern

Teil II

Anliegen der Interessensverbände

Nach den wissenschaftlichen Beiträgen folgte eine Stellungnahme verschiedener Vertreter aus der Wirtschaft, von rechten und linken Think-Tanks sowie von Gewerkschaften. Beat Ringger vom Denknetz Schweiz sieht beispielsweise das Problem darin, dass die wirtschaftlichen Produktivitätsgewinne nicht der allgemeinen Bevölkerungen zukommen. Es sammle sich vielmehr unproduktiver Reichtum auf dem Finanzmarkt an, die Umverteilung finde von unten nach oben statt. Mit der vom Denknetz ausgearbeiteten Steuerpolitik (Gewinnsteuern, Erbschaftssteuer und Steuern auf hohe Einkommen) wäre es laut Ringger möglich, den Druck, der auf den Menschen zwischen dem 25. und dem 50. Lebensjahr lastet zu vermindern, indem ein Elternurlaub und ein bezahlter Sabbatical eingeführt würde.

Ganz im Gegensatz betont Prof. Rudolf Minsch von Economiesuisse die finanzielle Nachhaltigkeit einer Generationenpolitik. Er bezieht sich bei seinen Ausführungen insbesondere auf die Altersvorsorge und beteuert, dass die Generationenpolitik vergessen hat, dass jede Umverteilung langfristig finanzierbar sein muss. Aus diesem Grund setzt er sich für eine Schuldenbremse in den Sozialversicherungen ein, sodass sich die heutige Generation die Kosten ihres Konsums nicht auf die nächste Generation umwälzen kann. Der Beitrag von Boris A. Züricher von Avenir Suisse stellt dasselbe Problem ins Zentrum, die Umsetzung einer Schuldenbremse im Sozialversicherungssystem bleibt aber nach beiden Beiträgen unklar.

Die politische Diskussion als Doing Words

Die politische Diskussion geleitet von Erwin Koller, mit Urs Schwaller (CVP), Paul Rechsteiner (SP) und Yvonne Gilli (Grüne) bildete den letzten Block der Tagung. Urs Schwaller verwies darauf, dass die Generationenfrage bereits in den parlamentarischen Prozess der politischen Entscheidungsfindung verankert ist. Er nennt die finanzielle Abdeckung der Sozialversicherung und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als zentrale Thematik der Generationenpolitik. Rechsteiner bezieht sich hingegen kritisch auf das Konzept der Generationenpolitik als Instrument für die Politik und bemerkt, dass es dort eher darum gehe, Begriffen eine gewisse Prägung zu geben. Damit spricht er, wie auch Gilli, die Machtstrukturen und Mechanismen in der Politik an. Rechsteiner betont weiter, dass die intragenerationalen Ungleichheiten als Problematik nicht aus dem Blick geraten dürfen. Deshalb soll anstatt des sozialen Sicherungssystems die Familienpolitik und das Erbschaftsrecht in einer Generationenpolitik zentral betrachtet werden. Um in Fragen der Generationenpolitik weiterzukommen braucht es nach Gilli eine Bewusstseinsveränderung in der Politik, die alte Muster ablegt und den dynamischen Charakter der Generationenbeziehungen berücksichtigt. An dieser politischen Diskussion zeigte sich nach Kurt Lüscher wieder einmal die Eigenlogik der Politik, der er fehlende Praxis vorwarf und als “doing words” bezeichnete.

Dieser Bericht ist dreiteilig. Der Bericht wird in einem weiteren Teilen fortgesetzt. Diesen finden Sie hier.

Zum Teil I

Zum Teil III

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